ora et labora... oder pädagogischer amoklauf?.....

monoma machte als nachtrag zu seiner assoziation 'ausweitung der kampfzone - fragen und anmerkungen zum amok neuen typs' auf folgenden artikel und bilder in der zeit über die JVA SIEGBURG und auf einen freitag-artikel von RAUL ZELIK aufmerksam.


der freitag-artikel ist gut, geht aber nicht weit genug. pädagogik ist nicht gleich pädagogik.....

ich erlebe jeden tag jugendliche, wohlgemerkt solche, die sich, wenn sie eine kaufmännische lehre mit erfolg absolvieren, schon zu den glücklicheren zählen dürfen. viele haben keinen hauptschulabschluss oder extreme schwierigkeiten in der schule, versuchen über eqj-massnahmen den einstieg in ein von papa und mama unabhängiges eigenes und gesellschaftlich angeseheneres leben zu schaffen. manche haben glück und finden einen ausbildungsplatz, andere zermürbt ein praktikum nach dem anderen. gar mancher bleibt auf der strecke - und hartzIV mit 20 ist wirklich keine perspektive, ist ja schon für 'ausgereifte erwachsene' ein kaum zu bewältigender alptraum. klar, für jemanden in afrika, wäre selbst hartzIV ein traumhaftes leben - aber wir orientieren uns als menschen an bedingungen, die uns direkt umgeben.

und hier in diesem unserem lande, ist arbeit nun mal der einzig wirklich anerkannt stabilisierende faktor: erst, wer arbeit hat, gehört wirklich dazu. alles andere greift nicht. mit verlaub gesagt, ich finde das, bei einer arbeitslosenrate von 4.mio. mehr als verantwortungslos!

als freizeitbeschäftigungen sind computerspielen, saufen, kiffen, in discos abhängen, vereinzelt sport (in irgendeinem verein ist allerdings kein einziger), das basteln an autos, motorrädern, mofas und fahrrädern und das abhängen an der tanke und auf der strasse aktuell. das rauchen, kiffen und saufen mit elf und zwölf jahren ist keine seltenheit. man übt den 'totstellreflex' nicht nur vor dem bildschirm (tv und pc).

sind diese jugendlichen, wenn man sich dem einzelnen zuwendet, falls er mal alleine auftaucht, eher scheu, schüchtern und verschlossen, manchmal geradezu abweisend, kann man sich mit anderen manchmal ganz 'gut' auch über persönlicheres unterhalten. wenn sie alleine sind, öffnen sie sich nach 'ner weile jedenfalls eher als wenn sie in der gruppe sind. dann erzählt der einzelne schon auch mal, wie 'die welt' aus seinem blickwinkel heraus aussieht, was er wahrnimmt, was ihn wirklich beschäftigt und wiederholen sich solche gespräche, auch schon mal, was nicht so gut läuft. kaum gesellt sich ein anderer männlicher jugendlicher dazu, verändert sich die situation extrem (zu weiblichen jugendlichen gibt es ein 'anderes' verhältnis. da aber weibliche jugendliche in dieser jungmännerdominierten clique unterrepräsentiert sind, gehe ich darauf jetzt nicht besonders ein. übrigens stelle ich immer wieder im vergleich zu meinem kollegen fest, dass ich einen anderen blickwinkel auf dieses verhältnis habe und mach das daran fest, dass er halt 'mann' und männlich geprägt und ich als frau weiblich geprägt bin).
es ist, als würde man eine eintrittskarte aus einem 'coolness-automaten' ziehen: permanent blöde anmachen untereinander, übergrifflichkeiten, foppereien, sexistische sprüche, auf den boden spucken .... ein gehabe von sich messen und konkurrenz 'wer ist der lauteste, der grösste und schönste', der schwächere wird traktiert, es wird sich gegenseitig ausgetrickst und sich reingeritten. statt sich gegenseitig positiv zu stützen, stabilisieren sie in der gruppe gegenseitig ihre abgründe. übergriffe auf 'nicht konforme', aussenseiter, mädchen, die nicht 'verwertbar', zur gruppe oder einzelnen auf distanz gehen oder schon ein- oder mehrmals 'verwertet' worden sind, bekommen kein bein auf den boden. wer sich der 'herrschaft der gruppe' nicht fügt, wird von ihr getriezt und geächtet und bleibt damit weg. das gilt für mädchen, ebenso jüngere und schwächere.
was zählt ist die macht des körperlich stärkeren. der stärkere geniesst ansehen. z.b. hat mein kollege eindeutig mehr autorität als ich. was weiterhin zählt ist ein motorisiertes gefährt: autos mit viel ps stehen in der rangordnung ganz oben - mofas sind das mindeste, aber nur bis zu einem bestimmten alter zulässig, fahrräder sind das letzte und zu fuss gehen nur idioten. klamotten sind wichtig! das ist zwar nichts neues, aber immer noch bitter für denjenigen, der sich nicht mal locker ne in-jacke für 160 euro kaufen kann.... . hab ich mich vor jahren noch darüber erschreckt, in welchem 'zustand' kinder heutzutage sind, versuche ich jetzt, diesen jugendlichen jungmännern standzuhalten. .....

mein fazit:

es WÄRE aller- allerhöchste zeit. unsere gesellschaft, unsere kinder und jugendlichen bräuchten orientierungsmuster, die nicht nur auf dem faktor erwerbsarbeit aufbauen. DER MENSCH WIRD NICHT NUR ODER ERST DURCH ERWERBSARBEIT ZUM MENSCHEN (für die 'ZURICHTUNG' zur und durch arbeit in unserer globalisierten welt gibt es nur ein wort: LEBENSZERSTÖREND, MENSCHEN- und ÖKOLOGIEFEINDLICH!!!!!).


FREIZEITPÄDAGOGIK oder wie man die vermittlung, stärkung und schaffung 'lebenserhaltender und lebensliebender verhaltensmuster' auch immer nennen will (dazu zähle ich soziales lernen, verbraucheraufklärung und konsumerziehung, ökologisches lernen, gesundheitsbewusstsein, hand-arbeit/ werken, ernährung und kochen, kunst, musik, sport und medienerziehung....) müsste viel stärker schon in der schule und natürlich auch im freizeitbereich verankert werden. kinder- und jugendliche brauchen für ihre entwicklung auch im freizeitbereich, über die familie hinaus, eine kontinuierliche auseinandersetzung mit erwachsenen bezugspersonen und gleichaltrige, mit denen sie sich treffen, austauschen und gemeinsamen aktivitäten nachgehen können. dazu bedürfte es allerdings der strukturveränderung. mit frontalunterricht und mit klassenstärken von 30 schülern und schülerinnen lassen sich solche inhalte nicht vermitteln. auch dürfte nicht nur vorrangig das leistungsprinzip und die vermittlung von für die vorbereitung für arbeit vermittelten schlüsselqualifikationen an oberster stelle stehen sondern vielleicht sollten auch mal solche faktoren 'ne rolle spielen, was der einzelne will, wozu er lust hat, was ihm liegt und was ihm oder ihr spass macht. die förderung einer positiven gruppenfähigkeit müsste bereits im kindergarten geschehen.
statt zu jammern, dass es immer weniger kinder gibt, könnten wir ja mal anfangen, die kinder, die bereits auf der welt sind bestmöglichst fördern und die chance nutzen kindergartengruppen auch mit 12 kindern sinnvoll zu finden: 25 kinder in einer gruppe sind eh der horror! wo bleibt da raum und zeit für das einzelwesen mit seiner ganzen individualität.
usw. usw. usw. mir würde noch vieles einfallen.

fakt ist, kinder sind lernfähiger als jugendliche und bei erwachsenen, die oft einfach nur noch funktionierende 'maschinen' mit betonköpfen und 'betonherzen' sind, ist eh alles zu spät.

leider sehe ich, bei aller dringlichkeit und auch wenn ich mich weiterhin leidenschaftlich dafür einsetzen werde, wenig chancen für eine 'gesamtgesellschaftliche' veränderung in eine oben beschriebene richtung. was ich für machbar und dringend notwendig halte, sind kleine veränderungen dort, wo erwachsene mit verstand, gefühl und einsicht in ihren unmittelbaren lebens- und arbeitszusammenhängen zusammenwirken, sich gegenseitig ermuntern, stärken und verantwortungstragende in politik und anderen öffentlichen bereichen fordern. realistischerweise dürfte sich die zahl derjenigen, die dazu willens und in der lage sind, und dabei nicht auf 'SCHOCK-STRATEGIEN oder -THERAPIEN' zurückgreifen, auf ca. 5 - maximalst 15 prozent erstrecken........

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- dem Elend der Macht die Freude am Sein entgegensetzen ....

Louis Brandeis

"Die Regierung ist der mächtige allgegenwärtige Lehrer. Ob im Guten oder im Schlechten: Sie formt das gesamte Volk durch ihr Beispiel. Kriminalität steckt an. Wenn die Regierung Gesetze bricht, dann provoziert sie Geringschätzung der Gesetze. Sie fordert jeden Bürger heraus, sich die Gesetze nach eigenem Bedarf zurechtzubiegen. Sie fordert zur Gesetzlosigkeit auf."

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